Aus der Sommersession 2024

Montag, 01.07.2024
Lärmschutz, Biodiversität, Klimawandel oder Schneckenzucht – der National- und Ständerat diskutierte in der Sommersession verschiedene raumplanungsrelevante Geschäfte.
Foto: Parlamentsdienste 3003 Bern, Rob Lewis

Bei der Revision des Umweltschutzgesetzes (USG; 20.085) gibt es nach wie vor Differenzen: So will der Ständerat den Wohnungsbau an lärmbelasteten Strassen weiterhin stärker lockern als der Nationalrat. Dabei geht es insbesondere um die notwendige Anzahl lärmempfindlicher Räume mit ruhigem Fenster sowie die Frage der kontrollierten Raumlüftung. Der Ständerat hält es zudem nicht für sinnvoll, im USG Temporeduktionen ausnahmslos zu verbieten. Hier verweist der Ständerat auf die überwiesene Motion Schillinger (21.4516), die Tempo 50 für verkehrsorientierte Strassen innerorts im Strassenverkehrsgesetz festschreiben will (siehe auch News vom 18.3.2024). Die zuständige Kommission des Nationalrates hat die Vorlage bereits wieder beraten (siehe Medienmitteilung vom 18.6.2024)

Einen schweren Stand hat die Revision des Geoinformationsgesetzes (23.060), die auf eine bessere Planung im Untergrund zielt. Der Ständerat trat nicht auf den bundesrätlichen Entwurf ein. Widerstand löste unter anderem aus, dass Inhaber geologischer Daten zu deren Weitergabe verpflichtet werden sollen. Die nationalrätliche Kommission empfiehlt, den bundesrätlichen Entwurf zur Überarbeitung zurückzuweisen (siehe Medienmitteilung oben).

Der Ständerat will die Förderung einer hohen Baukultur nicht in der Kulturbotschaft 2025–2028 (24.027) verankern. Der Vorschlag des Bundesrats, das Natur- und Heimatschutzgesetz entsprechend zu ändern (siehe News vom 8.3.2024), geht der kleinen Kammer zu weit. Die geltenden Bestimmungen würden ausreichen; zudem seien die Kantone zuständig. Das Geschäft geht an den Nationalrat.

Erledigt sind zwei Interpellationen (24.3138 Olivier Feller FDP/VD; 24.3151 Benedikt Würth Die Mitte/SG) zur Umsetzung der 2. Revisionsetappe des Raumplanungsgesetzes (RPG 2), die das Parlament letzten Herbst nach langem Ringen verabschiedet hat. Der Bundesrat verwies in seinen Antworten auf die entsprechende Verordnung, die mittlerweile publiziert ist (siehe News vom 2.7.2024).

Der Nationalrat hat zudem ein Postulat (24.3040) von Sylvain Freymond (SVP/VD), der eine Lockerung beim Bau von Solaranlagen ausserhalb der Bauzone verlangt. Die dazugehörenden Transformatorenstationen sollen nicht mehr unbedingt an einer Baute befestigt werden müssen, sondern stattdessen in «angemessener Entfernung» davon stehen dürfen – unter anderem aufgrund des Tierwohls.

Wir bleiben ausserhalb der Bauzone beziehungsweise in der Landwirtschaftszone: Nach dem Ständerat hat auch der Nationalrat eine Motion (21.4467) seines Mitglieds Bruno Storni (SP/TI) angenommen, mit der kleine Anlagen für die Schneckenzucht auf Bauernhöfen bewilligungsfähig werden. 

Kein Gehör hat das Parlament für zusätzliche Biodiversitätsförderflächen auf offener Ackerfläche. Nach dem Nationalrat hat nun auch der Ständerat entschieden, die Massnahme endgültig zu streichen (Motion 22.3189); zuvor war die Einführung bereits zwei Mal verschoben worden. Die Politik ignoriere das Artensterben und beweise, wie notwendig die Biodiversitätsinitiative sei, reagierten die Umweltverbände in einer Mitteilung.

Überwiesen hat der Nationalrat als Zweitrat hingegen eine Motion (23.4028) von Ständerat Peter Hegglin (Die Mitte/ZG) zur nachhaltigen Sicherung der Insektenbestäubung, insbesondere durch Bienen.

Sowohl der Ständerat als nun auch der Nationalrat haben mehr Geld für die rasche Anpassung des Waldes an den Klimawandel beschlossen und eine Motion (23.4155) von Ständerat Daniel Fässler (Die Mitte/AI) angenommen. Die Bundesbeiträge sollen um 100 auf insgesamt 551 Millionen Franken für die Jahre 2025 bis 2028 erhöht werden, und das entsprechende Programm soll weitergeführt werden.

Das Klima war auch in anderer Form Thema: Beide Räte kritisierten das Klima-Urteil des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte und verabschiedeten eine Erklärung (24.053/54).

Der Ständerat hat den Kredit für die Forschung zu Energie- und Klimafragen (24.028)um knapp 107 Millionen Franken aufgestockt. Das erweiterte Förderinstrument («Sweeter») stellt Hochschulen, Unternehmen, Städten und Gemeinden Fördergelder für die Jahre 2025 bis 2036 zur Verfügung. Das Geschäft geht an den Nationalrat.

Infrastrukturprojekte für das Kernforschungszentrum Cern im schweizerisch-französischen Grenzgebiet sollen einfacher und zügiger geplant werden. Neu soll ein Sachplan-Verfahren durchgeführt werden – dies in Absprache mit dem Kanton Genf. Der Nationalrat bewilligte eine entsprechende Anpassung im Gesetz über die Förderung der Forschung und der Innovation (24.029). 

Der Nationalrat will, dass die Verlagerung des Güterverkehrs von der Strasse auf die Schiene schneller vorangeht. Die grosse Kammer hat drei entsprechende Vorstösse seiner vorberatenden Kommission (24.338924.339024.3391) gutgeheissen. Das in der Verfassung verankerte Verlagerungsziel liegt bei 615'000 Lastwagenfahrten pro Jahr; 2023 waren es 916'000 (siehe Verlagerungsbericht).