Radioaktiver Abfall: Nagra engt Standort-Suche überraschend ein

Montag, 02.02.2015
Für die Endlagerung von radioaktiven Abfällen sollen bloss noch zwei Gebiete in Frage kommen: Zürich Nordost (ZH,TG) und Jura Ost (AG). Die Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle, Nagra, hat die Suche nach einem Standort für mögliche Tiefenlager überraschend von sechs auf diese zwei Gebiete eingeengt. Beide eignen sich laut Nagra sowohl für hochradioaktive wie auch für schwach- und mittelradioaktive Abfälle.

Zürich-Nordost und Jura-Ost sollen nun in der dritten Etappe der Standortsuche für Tiefenlager vertieft untersucht werden, wie die Nagra und das Bundesamt für Energie BFE mitteilten. Die vier anderen Gebiete, die ebenfalls für den Bau eines geologischen Tiefenlagers untersucht wurden, dürften damit aus dem Rennen sein. Es handelte sich um Jura-Südfuss (SO, AG), Nördlich Lägern (ZH, AG), Südranden (SH) und Wellenberg (NW, OW). Mit dem Entscheid der Nagra, auf den Wellenberg zu verzichten, endet in Nidwalden ein fast 30-jähriger Kampf gegen ein Tiefenlager.

Das Vorgehen für die Standortsuche ist seit 2008 im Sachplan geologische Tiefenlager festgelegt. Die Nagra suchte in der ersten Etappe die sichersten geologischen Schichten im Untergrund; dazu wählte sie sechs Gebiete aus und setzte diese 2011 im Sachplan fest. In der zweiten Etappe führte sie dort geologische und sicherheitstechnische Untersuchungen durch. Der Auftrag des Bundes bestand darin, mindestens je zwei Vorschläge für hochaktive Abfälle (HHA) sowie für schwach- und mittelaktive Abfälle (SMA) für die engere Auswahl zu präsentieren.

Nun legt die Nagra eine Empfehlung für bloss zwei Standorte vor. Wird dieser Vorschlag vom Bundesrat akzeptiert, könnten theoretisch beide Lager, jenes für hochaktive und jenes für schwach- und mittelaktive Abfälle, in einer einzigen Region realisiert werden. Der Entscheid des Bundesrats wird Mitte 2017 erwartet.

Die Nagra kommt in ihren Analysen – drei Berichte von 1'700 Seiten und rund 15'000 Seiten Referenzberichte – zum Schluss, dass  alle sechs Gebiete die geologischen und sicherheitstechnischen Anforderungen erfüllen. Zürich-Nordost und Jura-Ost weisen jedoch günstigere Bedingungen auf als die vier anderen, vor allem was das Platzangebot, die Barrierewirkung des Gesteins Opalinuston und die Tiefe betrifft.

Die Berichte und Analysen werden nun den Bundesbehörden zur Überprüfung und den Standortkantonen zur Stellungnahme unterbreitet. 2016 soll eine öffentliche Anhörung stattfinden. Der definitive Standortentscheid des Bundesrats wird frühestens 2027 fallen. Das letzte Wort hat das Volk.

2050 soll das erste Tiefenlager für schwach- und mittelverstrahlte Abfälle in Betrieb gehen. 2060 dann die Kaverne für hochradioaktive Atomabfälle. Der Zeitplan ist optimistisch, denn Einsprachen und Verzögerungen sind darin nicht berücksichtigt.

Die Nagra wird jetzt in Zürich-Nordost und Jura-Ost mithilfe von 3-D-Seismik die Gesteinsabfolge besser aufschlüsseln. Zudem reicht sie in den nächsten Monaten Gesuche für Sondierbohrungen ein.